Fuchs, Rudolf Karl Anton, Unternehmer

*25.09.1909, Mannheim. Kath. + 8.09.1959, Altrip

V Wilhelm F. (1880-1932), Handwerker, Händler.

M Anna Leoni, geb. Schleifstein (1887-?).

G Hildegard Elisabeth (1911-1923), Halbschwester (Vaters Tochter aus dessen zweiter Ehe) Liselotte Mathilde, (*1918).

19.10.1935 (Mannheim) Irma Maria Schmitt (1912-1993). K 3: Renate, verh. Hartig; Manfred (*1939), Dr. (Betriebswirtschaftslehre), Dr. h. c., Ehrenbürger der Stadt Mannheim; Christel F.

         1931              Gründung d. Firma „Rudolf Fuchs“; Eintragung in das Handelsregister Mannheim am   30.05. 1931   

1936               Beginn eigener Fabrikation von Schmierstoffen

1939 VII          Umzug der Firma in den Mannheimer Industriehafen

1943 VIII         Zerstörung der Fettfabrik der Firma bei einem Luftangriff

1945 III            Verlagerung von vorhandenen Materialien nach Walldürn, Odenwald

1945 VIII         Erlaubnis der Militärregierung zur Wiederaufnahme der Produktion

1946                Wiederaufbau des Werks

1956 X             Feier zum 25jährigen Jubiläum der Firma

       

F. steht in der Geschichte deutscher Industrie als der Gründer und erste Leiter der Mannheimer Firma, die heute als „Fuchs Petrolub SE“ eine führende Rolle weltweit unter den Produzenten von Ölschmierstoffen spielt.

F.s‘ Vater, Handwerker und Händler, kam mit seiner Frau aus dem Elsass Ende 1908 oder Anfang 1909 nach Mannheim, wo F. das Licht der Welt erblickte. Für die Eltern war es selbstverständlich, dass der Sohn eine praktische Ausbildung bekommen sollte. So wurde F. gelernter Kaufmann. Seine kaufmännische Lehre hat er in einem Mannheimer Im- und Exporthandelshaus absolviert.

Wahrscheinlich bereits damals spielte F. mit Ideen, ein eigenes Unternehmen zu gründen.

Die Zeit Ende 19.-Anfang 20. Jahrhunderts war durch intensive Motorisierung der Wirtschaft, insbesondere in Deutschland, gekennzeichnet. Dabei bildeten Dieselmotoren einen schnell entwickelnden Markt. F. begriff mit erstaunlichem Spürsinn noch während seiner Ausbildungszeit, wie wichtig es wäre, die Motoren mit Schmierölen zu versorgen – hier sah er eine Nische für ein Unternehmen. Die Zeit schien, wegen der Weltwirtschaftskrise, die besonders für Deutschland schmerzhaft wirkte, nicht günstig. Die Kühnheit der Jugend ließ sich damit aber nicht einschüchtern. Mit 21 Jahren erklärte F. die Gründung seiner Firma, die am 30. Mai 1931 als „RUDOLF FUCHS“ in das Handelsregister Mannheims eingetragen wurde. „Es gehörte einiger Mut dazu, in Mannheim des Jahres 1931 den Schritt in die Selbständigkeit zu wagen und ein Unternehmen zu gründen“ (Fuchs u. Hoffmann, 2006, 15). Der junge Unternehmer hatte aber einen zähen Willen, eine gute Kenntnis des Markts und war überzeugt, dass in Mannheim der Gütertransport und die Landwirtschaft wachsenden Bedarf an Schmierstoffen haben würden.

Die Dieselmotorenhersteller wiesen darauf hin – und nicht ohne Gründe, – dass die wiederholten Ausfälle der Motoren bei der ersten Lastwagengeneration durch die mangelhafte Qualität der Öle bedingt seien. So entschied sich F. von Anfang an für die höchste Qualität seiner Produkte und setzte sich den Import von „Guaranted Pennsylvania Motor Oil“ aus den yUSA zum Ziel. Dieser hohe Anspruch auf die Qualität bestimmte die erfolgreiche Entwicklung des Unternehmens.

Die erste Marke der Firma hieß: „PENNA PURA. R. F. Schmierölimport.- Auto-Diesel- Motorenoele – Mineraloele und Fette“

Der Anfang war bescheiden: Für den Betrieb erwarb F. eine Box im Mannheimer Schlachthof (Oststadt). Dort füllte er Kanister mit seinem amerikanischen „Motor Oil“, markierte mit „PENNA PURE“ und verkaufte sie im Mannheimer Hafen an Transportunternehmen.

Der Umsatz wuchs und bald musste das Geschäft aus dem Schlachthof in die benachbarte Mühldorfer Straße 10 verlegt werden. Anstatt des bisher benutzten Fahrrads konnte sich F. einen PKW leisten.

Die Machtübernahme 1933 veränderte die Tätigkeit F.s‘ zunächst kaum. Auf die Frage nach der Einstellung F.s‘ dem Nationalsozialismus gegenüber antwortete sein Sohn, dass sein Vater „ein unpolitischer Mensch war und seine ganze Kraft auf sein Unternehmen konzentrierte“ (Brief vom 2.12.2015).

1935 gründete F. eine Familie. Seine Frau Irma machte ihre Ausbildung bei derselben Firma wie F. und unterstützte ihn beim Vorhaben, ein Unternehmen zu gründen. Seitdem arbeiteten sie zusammen, sie leitete Büro und Versand.

Zu dieser Zeit wurde auch die Räumlichkeitin der Mühldorfer Straße zu eng, und der nächste Umzug, diesmal an den Rand der Innenstadt, nach C 7, 18-19, stand bevor.

Inzwischen wurden auch die äußeren wirtschaftlichen Verhältnisse günstiger. Mannheim war damals zweifellos das südwestdeutsche Wirtschaftszentrum, u. a. als bedeutendes Zentrum des Fernautoverkehrs. F. erkannte die Konjunktur. Sein Bestreben war, sein Unternehmen zu einem unabhängigen und technisch kompetenten Schmierstoffhersteller für den gesamten deutschen Markt zu entwickeln. 1936 gelangen die ersten eigenen Fabrikationen, die Sommer- und Winter-Getriebeölsorten. Dies entsprach auch der autarken Wirtschaftspolitik des Dritten Reichs. Die Belegschaft bestand in diesem Jahr aus 12 Menschen. F. arbeitete unermüdlich. 1934 und 1935 war er je 250 Tage unterwegs – ausschließlich mit eigenem Auto ohne Chauffeur: Er führte sein Geschäft strengst sparsam. „Auch im eigenen Familienkreis <…> hielt R. F. eisern auf Sparsamkeit. Wenn ein Lastwagen ersetzt werden musste, dann hieß es am Frühstücktisch, dass man schließlich auch eine Zeitlang mit trockenem Brot zufrieden sein könnte“ (F., Hoffmann, 2006, 30f.). Aber so konnte schon 1936 die erste Verkaufsniederlassung in München errichtet werden.

1938, insbesondere wegen der Forderung der Behörden, den feuergefährlichen Betrieb aus der Innenstadt zu verlagern, wurde der letzte Umzug notwendig. F. erwarb ein Gelände im Industriehafen auf der Friesenheimer Insel, wo die Firma ihren endgültigen Stammsitz erhielt – Friesenheimer Straße 19 (heute 17). Die Bauarbeiten begonnen im Frühjahr 1938, und im Juli 1939 fand die Einweihung des Betriebs im Industriehafen statt. Im Vertrag mit der Stadt wurde die Firma noch „R. F. Ölimport“ bezeichnet (StadtA Mannheim, Zug. 39/1970, Nr. 1948). Nun veränderte der Besitzer ihren Namen: Um ihn inhaltlich präziser und gleichzeitig attraktiver zu machen, benannte er die Firma „R. F. Mineralölwerk“.

Mit Kriegsausbruch veränderten sich die Verhältnisse für F. und sein Unternehmen drastisch. Zunächst wurde er einberufen, jedoch bald als UK entlassen und konnte nach Mannheim zurückkehren. Er wurde als Schmierstoffbeauftragter eingesetzt und hatte Zuteilung und Endkontrolle der Schmierstoffe in Baden zu überwachen.

Größere Probleme hatte F. bei seiner eigenen Firma, wo er nun deren „Führer“ hieß. Einerseits fiel der Import, insbesondere der pennsylvanische, aus. Man musste sich auf synthetische Schmierstoffe ausrichten. Andererseits wollte F. nicht, in der „Schmierstoffgemeinschaft“ zusammengeschlossen werden. In diesem Fall bliebe es seiner Firma nur, reine vertriebsauftragen auszuführen, während ihre technische Dienste den Reichsbehörden unterstellt würden. So entschloss er sich für einen Ausbau des Spezialitätenprogramms, das den veränderten Rohmaterialien und auch dem veränderten Markt entsprechen sollte. Denn der bisherige Hauptabnehmer der Firmenprodukte, das Verkehrs- und Transportgewerbe, schrumpfte, zumal die privaten Fahrzeuge der Wehrmacht übergeben werden mussten. So hatte F. einen neuen Kundenstamm zu formieren und ein neues Lieferungsprogramm aufzubauen. Den neuen Kundenkreis fand F. in der Industrie, vor Allem, bei der Metallbearbeitung. Dazu mussten neue Produkte geschaffen und dann getestet werden. Dies sah so aus: „Der Außendienst erschien mit Mustern direkt beim Kunden, um die Neuentwicklung an Ort und Stelle zu testen – oftmals noch zusätzlich ausgerüstet mit Additiven, die bei Bedarf zugesetzt werden konnten“ (F., Hoffmann, 2006, 41).

Sehr wichtig war, dass es F. gelang, einen Schmierstoffexperten, Dozenten, später Professor, an der TH München, Dr. Erich Kadmer (1899-1975) zur technischen Beratung zu gewinnen. In Mittelpunkt standen Metallbearbeitungsprodukte und Ersatzschmiermaterialien, wie z. B. Emulsionsschmierstoffe, aber auch viel mehr, so das Riemenöl „Rinolit“, Vaselinen, Rostschutzöle und –fette, usw.

1943 verschärften sich alle Verhältnisse. Die Belegschaft, meistens Kriegsgefangene, weil heimische Männer einberufen wurden, musste 12 Stunden täglich arbeiten. Lebensmittel – bei dem Werk wurde eine Küche eingerichtet – konnten nur bei Bauern im Tausch für Wachse und selbsterzeugte Kernseife aufgetrieben werden. Das „organisierte“ hauptsächlich Irma F..

Wegen der Luftangriffe musste F. die Büros der Firma zunächst nach Hockenheim, und Anfang März 1945 nach Walldürn im Odenwald verlagern. Dahin wurden auch die vorhandenen Materialien überführt – etwa 2000 Fass Lagerbestand.

Bald betraten die Amerikaner in Mannheim. Entgegen aller Befürchtungen wurden die Betriebsanlagen der Firma durch Plünderungen nicht betroffen: Zwei Kriegsgefangene, die bei FUCHS arbeiteten, hatten alle Eingänge in den Firmenfarben Blau-Weiß-Rot, die auch die Farben der französischen Trikolore sind, gestrichen und damit das Werk als französisches Unternehmen ausgegeben.

Ende August 1945 erhielt F. die Erlaubnis der Militärregierung, weiter zu arbeiten, wenn auch mit bestimmten Einschränkungen, nämlich mit maximal 40 Mitarbeitern (tatsächlich waren damals 26), 3000 Kilowattstunden Stromverbrauch und 10 Tonnen Kraftstoffverbrauch monatlich. Mit den 2000 Fässern, die im Ausweichlager Walldürn gerettet wurden, konnte die Firma ihren Betrieb wiederaufnahmen. Allmählich begann man mit dem Wiederaufbau: Im August 1943 hatte ein Volltreffer die Fettfabrik des Werks zerstört. Im Jahre 1946 wurden der erste Chemiker und der erste Fachingenieur im Unternehmen eingestellt.

F. selbst widmete sich dem Neuaufbau der Verkaufsorganisation, die die Teilung Deutschlands in Besatzungszonen berücksichtigen musste. 1948 machte er einen klugen Schachzug für die Werbung seiner Firma: Er unterstützte den Motorrennsport. Dass dies sich effektiv zeigte, bewies die Verdoppelung des Umsatzes von Motorenölen während 1949-1950.

Das Unternehmen wurde durch den Erwerb von weiterem Gelände an der Friesenheimer Straße in den Jahren 1947 und 1950 wesentlich vergrößert. Ab 1951 begann die Firma ihre Produkte zu exportieren.

1956 konnte sie ihr 25jährige Bestehen feiern. Im „Mannheimer Morgen“ war dazu zu lesen: „Wissenschaftliche Fachkenntnisse, Erfahrung und der Forschungseifer des Gründers, der sein Unternehmen auf die Herstellung von Schmierstoffen spezialisierte, ließen das Werk zu einem der führenden Mineralölunternehmen Deutschlands werden, dessen Niederlassungen in Duisburg, Hannover, Mannheim, München und Nürnberg für schnelle Belieferung der Konsumenten in allen Teilen des Landes sorgen“ (Fuchs, Hoffmann, 2006, 56).

F., dieser von Arbeit besessene Mann, starb unerwartet an Herzschlag auf der Autobahn zwei Wochen vor seinem 50. Geburtstag. Im Nachruf steht u. a.: „Der Verstorbene verband in idealer Weise technischen Sachverstand mit kaufmännischer Begabung und machte sich besonders auch in den freiwilligen Sozialleistungen an seine Betriebsangehörigen einen hervorragenden Namen“ (Unternehmer R. F. +)

Er hinterließ seiner Familie ein blühendes Unternehmen, mit der Belegschaft über 340 Menschen, das sich auch heute ganz erfolgreich entwickelt.

Q StadtA Mannheim: Zug. 39/1970, Nr. 1948; Zug. 13/1977, Nr. 2278; Zug. 8/1967, Nr. 271 (Verträge zwischen d. Stadt u. d. Firma FUCHS); Auskunft aus d. Abt. Historische Personenrecherche vom 30.11.2015; Informationen von Herrn Dr. Manfred Fuchs vom 2.12.2015.

L Unternehmer R. F.+, in: MM, 11.09.1959, Nr. 205, S. 4; Manfred Fuchs, Ulla Hoffmann. FUCHS 1931-2006. 75 Jahre Kompetenz in Schmierstoffen, 2006 (B, S. 19)

B Photo im Familienbesitz durch Herrn Dr. Manfred Fuchs zur Verfügung gestellt.