Mach, Adolf Albert Felix, Agrikulturchemiker

 
 

21.11.1868 Tilsit (Ostpreußen), ev., + 4.11.1940 Karlsruhe-Durlach

 
 

 

 

V Adolf M. (1824-1882), Kaufmann; M Johanna, geb. Morgen (1835-1898); G?

 

∞ 7.05.1898 Elise Gerlach (1875-1963), Tilsit; K 4: Hans, früh gestorben; Lotte Emma Johanna M., Dr. phil., Mittelschuloberlehrerin; Erich Otto Louis Kurt M., Dr.-Ing., ; Ulrich Felix Josef M., Dr.-Ing., Chemiker.

 

 

 

1877-1887                            Besuch u. Abschluss des Realgymnasiums in Tilsit

 

1887-1892                            Studium Chemie u. Naturwissenschaften an d. Univ.  

                                               Königsberg (WS 1887/88 ? SS 1889) u. Berlin

 

1892 VIII 5                             Promotion in Berlin: "Über Einwirkung d.    

                                               Molybdensäure auf  Kalium- u. Natriumarseniate"

 

1892 X - 1893 IX                 Militärdienst im 5. Ostpreußischen Infanterie-Regiment  von Boyen Nr. 41

 

1893 X - 1895 XI                 Assistent an d. Landwirtschaftlichen Versuchsstation für    die Provinz Posen in Jersitz

 

1895 XII - 1896 IX               Dasselbe an d. Kgl. Sächsischen Landwirtschaftlichen

 

u. 1899 VIII - 1900 III          Versuchsstation Möckern bei Leipzig

 

 

 

1896 X - 1899 VI                Leiter des technischen Betriebs d. Spiritus- u.   

                                              Presshefenfabrik Schönpriesen bei Aussig an der  

                                              Elbe  

 

                                         

 

1900 IV - 1907 XII              Abteilungsvorsteher an d. Landwirtschaftlichen                                             Versuchsstation Marburg

 

1907 XII 6                             Hauptprüfung für Nahrungsmittelchemiker ebd.

 

1908 I - 1934 II                    Vorstand (ab 1924 Direktor) d. Landwirtschaftlichen    

             -                                 Versuchstation Augustenberg bei Karlsruhe

 

1911 IX                                  Vorstandsmitglied des Verbands landwirtschaftlichen  Versuchsstationen im Deutschen Reiche

 

 

 

Es ist nur sehr wenig über die Familie und über die Schuljahre M.s bekannt. Er stammte aus einer kaufmännischen Familie in Ost-Preußen und beendete das Realgymnasium seiner Heimatstadt Tilsit. Anschließend studierte er Naturwissenschaften mit dem Schwerpunkt Chemie an den Universitäten Königsberg und Berlin. In Berlin führte M. eine Untersuchung in der analytischen Chemie durch, die zu seiner Dissertation wurde. M. widmete sie seinem Doktorvater, dem Privatdozenten für technische und analytische Chemie, Carl Friedheim (1858-1909).

 

Das Interesse für die analytische Chemie bewahrte sich M. durch sein ganzes Berufsleben. Er erarbeitete dabei zahlreiche Verfahren zur Verbesserung der chemischen Kontrolle und der Untersuchungen in verschiedenen Gebieten der Landwirtschaft: im Weinbau, in der Bewertung der Dünge-, Futter- und Pflanzenschutzmittel, wie auch in den Bodenuntersuchungen u.a..

 

Dazu kam es aber erst später. Nach seiner Promotion sollte M. zunächst seine Militärpflicht erfüllen; auch Reserveübungen in den Sommern 1894 und 1895 standen an. Er fand eine Assistentenstelle an der Landwirtschaftlichen Versuchsstation der Provinz Posen, wechselte aber nach zwei Jahren in die gleiche Position nach Möckern bei Leipzig, wo sein Chef und "hochverehrter Lehrer" Oskar Kellner (1851-1911), einer der prominenten Agrikulturchemiker Deutschlands war. So blieb M. im Bereich der Agrikulturchemie tätig, wenn auch er während einer Zwischenzeit von fast drei Jahren als Betriebsleiter der Spiritus- und Presshefefabrik Schönpriesen bei Aussig an der Elbe arbeitete. Diese Anstellung erlaubte M. eine Familie zu gründen; seine Frau entstammte demselben Tilsiter kaufmännischen Milieu.

 

Im Frühjahr 1900 erhielt M. seine erste Beamtenstelle mit Pensionsberechtigung  als Abteilungsvorsteher an der Landwirtschaftlichen Vesuchsstation Marburg. Seine "Abteilung I" hatte als Aufgaben die wissenschaftliche Arbeit auf dem Gebiet von Bodenkunde, Pflanzenernährung und Düngelehre, wie auch die Kontrolle von Dünge- und Futtermitteln, Samenprüfung und Untersuchung der Böden. Hier arbeitete M. länger als sieben Jahre; in diese Zeit fielen seine ersten wissenschaftlichen Publikationen, nach der Promotion; insbesondere erfand er eine neue Tarierwaage, um bei den Massenanalysen serienweise die Einwaage gleicher Substanzmengen zu erleichtern.

 

Mitte 1907 wurde die Stelle des Vorstands der Versuchsstation in Baden vakant, die 1901 neu organisiert wurde und 1907 ihr neues Anwesen in Augustenberg bei Karlsruhe erhielt. M. bewarb sich und wurde durch die Badische Regierung als "durchaus geeignet" berufen. Dies eröffnete ihm ein weites Arbeitsfeld, das er über 26 Jahre hinweg unermüdlich bearbeitete.

 

Als "schlichte, gewinnende Persönlichkeit" (so sein langjähriger Mitarbeiter und Nachfolger R. Herrmann), verstand es M., seine Mitarbeiter zu fördern, was seiner Überzeugung nach "der Anstalt selbst zugute" kam, und das "Zusammenarbeiten", (heute sagt man "Team-Arbeit") zu organisieren. Von Anfang an hielt M.es für notwendig, dass "die Versuchsanstalt in steter Fühlung mit der praktischen Landwirtschaft" sich befinde. Mit Recht meinte er: "Bleibende Erfolge sind ohne allen Zweifel nur bei einem dauernden Zusammenarbeiten von Praxis und Wissenschaft zu erwarten" "Landwirtschaft...", 1908, S. 454). M.s Tätigkeit fußte also zugleich auf der Forschungsarbeit  in der Versuchsstation, wie auch auf den praktischen Erfahrungen, die er bei den badischen Landwirten sammelte.

 

Einen wichtigen Teil der Tätigkeit M.s und seiner leitenden Mitarbeiter stellten Vorträge über verschiedene Fragen der Landwirtschaft dar, die öffentlich für die Bauern gehalten wurden. M. persönlich las insbesondere über Kunstdünger und ihre Anwendungen, sowie über die Abschnitte der Weinherstellung, über die Eigenschaften der Trauben bis hin zur chemischen Zusammensetzung des Weines. Jährlich hielt er immer mehrere Vorträge und einen zusätzlichen viertägigen Lehrkurs.

 

Um die Jahrhundertwende nahm in der Landwirtschaft Anwendung von künstlichen Düngern bedeutend zu. Letztere wurden "sehr dankbare Objekte für Leute, welche gern viel Geld, sei es auch auf unrechtliche Weise, verdienen wollen", so M. (Bemerkenswerte..., 1908, S. 888). Deswegen betrachtete er als seine unbedingte Pflicht, die badischen Landwirte stets vor modischen Waren zu warnen, die im Handel unter verschiedenen Namen als angebliche "Wundermittel" auftauchten, tatsächlich aber billige Fälschungen darstellten. Untersuchungen seiner Anstalt brachten regelmäßig solche Fälle ans Licht. M. führte dazu eine besondere Rubrik ein - "Bemerkenswerte Erscheinungen auf dem Badischen Dünge- und Futtermittelmarkt" - in dem "Badischen Landwirtschaftlichen Wochenblatt".

 

1908-1914 nahm M. im Auftrag der Regierung auch an der Arbeit der "Kommission für die amtliche Weinstatistik" teil und fasste jährlich die statistischen Daten über Wein- und Mostproben in Baden zusammen; sie wurden in den "Arbeiten aus dem Kaiserlichen Gesundheitsamte" publiziert.

 

Die erfolgreiche Leitung der Versuchsanstalt wurde durch die Badische Regierung ausgezeichnet: Im Frühjahr 1913 verlieh sie M. den Titel "Professor".

 

 

 

Mit dem Kriegsausbruch meldete sich M. freiwillig beim Militär. Während mehrerer Monate (1915) fungierte er als Ausbilder von Rekruten in Karlsruhe, wurde dann aber in seine Position an der Versuchsstation zurückbeordert. Bisher hatte sich die Versuchsanstalt stetig aufwärts entwickelt. Nun jedoch wurde die Untersuchungs- und Forschungstätigkeit von Jahr zu Jahr mehr eingeschränkt. Dies machte M.s Arbeit sehr schwierig. Nach wie vor schenkte M. der Kontrolle von landwirtschaftlichen Mitteln viel Aufmerksamkeit und empörte sich besonders über "Kriegswucher in Futtermitteln"; er hoffte, dass "den gewissenlosen Fälschern das Handwerk gründlich gelegt werden könnte".

 

 Die mageren Jahre dauerten auch nach dem Krieg fort, wobei die Inflation noch größere Schwierigkeiten, vor allem durch ungenügende Versorgung mit Gas, Chemikalien und Apparaten hervorgerufen hatte. Eine Besserung der Verhältnisse begann erst ab 1924.

 

 

 

Im September 1911 wurde M. als Vorstandsmitglied des Verbands landwirtschaftlicher Versuchsstationen im Deutschen Reiche (heute - Verband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstalten, VDLUFA) gewählt und seitdem Jahzehnte lang immer wieder gewählt, zuletzt als stellvertretender Vorsitzender. So wirkte M., außer im direkten Dienst als Leiter der Versuchsstation, darüber hinaus im Verband. Er nahm aktiv an allen Hauptversammlungen des Verbands teil, vom 25. (1908) bis 53. (1933), und hielt dort mehrmals Vorträge. 1913-1929 leitete M. im Verband den Ausschuss zur Untersuchung von Pflanzenschutzmitteln, 1916-1926 war er stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses zur Düngemitteluntersuchung. Vielleicht war das Wirken M.s 1926 -1933 als Vorsitzender des Ausschusses für Futtermitteluntersuchung am bedeutendsten (diesem Ausschuss gehörte M. seit 1912). Hier förderte er wesentlich die Erarbeitung und das Zustandekommen des Futtermittelgesetzes, das ab November 1927 in Kraft trat. Es hatte den Zweck, den Verbraucher und den "reellen Handel" "vor unlauterem Wettbewerb und unberechtigten Ansprüchen zu schützen",("Das neue..., 1927, S. 669) so kümmerte sich M um die Eröterung des Gesetzes und seiner Ausführungsbestimmungen für die Landwirte.

 

Auch in anderen Gremien war M. tätig: Er war Mitglied des Reichsausschusses für Weinforschung, der Zulassungskommission für Düngemittel, und des Sonderausschusses für Tabakbau. M. gehörte auch der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft an, die ihm 1925 die Max-Eyth-Medaille verlieh. Dank der Tätigkeit M.s in übergeordneten Gremien erwarb seine Anstalt eine koordinierende Rolle in einigen Projekten, die von Bedeutung für die ganze deutsche Landwirtschaft waren und die in der Zusammenarbeit aller Versuchsstationen durchgeführt wurden, so z. B. die große siebenjährige Arbeit zur Untersuchung von eigenen Futtermitteln.

 

Auch literarisch war M. sehr aktiv. Außer den jährlichen Tätigkeitsberichten seiner Anstalt stammten von ihm ca. 220 Publikationen, teilweise erklärenden und belehrenden Inhalts für Landwirte, hauptsächlich aber über Methoden und Ergebnisse verschiedener Untersuchungen von Dünge- und Futtermitteln, Weinen, Mosten, Pflanzenschutzmitteln usw.. Als besonderes Verdienst M.s galt die Herausgabe des "Jahresberichtes über die Fortschritte aus dem Gesamtgebiet der Agrikulturchemie", die M. 1916 übernommen hatte und während zweier Jahrzehnte akribisch führte. Damals stellte diese Ausgabe (1920-1936 hieß sie "Jahresbericht für Agrikulturchemie") ein wichtiges Nachschlagwerk für die Fachleute dar. Sie wurde mit M.s Pensionierung eingestellt und ist nun eine echte Fundgrube für die Historiker der Agrikulturchemie und der Landwirtschaft im Allgemeinen.

 

M.s jahrzehntelanger, selbstloser Einsatz für die Gemeinschaft in "kaum erreichbarer, jedenfalls unübertrefflicher Weise", so sein Verbandskollege, wurde anerkannt, indem der Verband ihn 1934 zum Ehrenmitglied ernannte.

 

Nach der Pensionierung wohnte M. in Karlsruhe-Durlach.1950 wurde die Machstraße dort nach ihm benannt.

 

 

 

Q  GLA Karlsruhe: 466/11987 u. 233/31656 (Akten M.); 236/26652, 237/37051, 237/45726 u. 237/45723 (Akten d.  Landwirtsch. Versuchsstation Augustenberg); Informationen vom ehemaligen Direktor der LUFA Kassel Dr. Enno Janßen (29.10.2008); Materialien im VDLUFA (Speyer); Institut für Personengeschichte, Bensheim: Biographische Sammlung, F. M.

 

 

 

W  Eine neue Tarirwaage, in: Chemiker-Ztg 25, 1901, 1139; Mohn u. Mohnkuchen, in: Die landwirtschaftlichen Versuchsstationen 57, 1902, 419-459; Zur Bestimmung d. Phosphorsäure in Düngemitteln, in: ebd. 66, 1907, 1-62; Landwirtschaft u. Landwirtschaftliche Versuchsanstalt, in: Wochenblatt des Badischen Landwirtschaftlichen Vereins, 1908, S. 454f.; Zur Dünge- u. Futtermittelkontrolle in Baden, in: ebd., 1909, S. 898f., 933-935; Die Geschichte d. Versuchsanstalt von 1859-1909, in: Bericht  d. Großh. Badischen Landwirtschaftlichen Versuchsanstalt Augustenberg über ihre Tätigkeit im Jahre 1909, Karlsruhe, 1910, S. 5-57; Zweiteilige Saugflasche zum getrennten Auffangen von Fällungs- u. Waschflüssigkeiten, in: Chemiker-Ztg. 37, 1913, 651; Beiträge zur Bewertung d. Futtermittel, in: Die landwirtschaftlichen Versuchsstationen 78-79 (dem Andenken Oskar Kellner gewidmet), 1913, 815-846; Weitere Beiträge zur Beurteilung d. Preiswürdigkeit d. Futtermittel, in: ebd. 85, 1914, 417-432; (mit P. Lederle) Kupfervitriole des Handels, nebst Beiträgen zur Bestimmung des Kupfers in ihnen, in: ebd. 84, 1914, 129-143; (mit P. Lederle) Die Verwendung von Titantrichlorid in d. analytischen Praxis, in: ebd. 90, 1917, 121-224; Über die Löslichkeit d. Rohfaser in Kupferoxydammoniak u. die Verwertung dieser Löslichkeit für die Beurteilung d. Futtermittel, in: ebd. 91, 1918, 137-153, 95, 1920, 89-100; (mit F. Sindlinger) Versuche zur Bestimmung des Pyridins mit Kieselwolframsäure, insbesondere bei Gegenwart von Nicotin, in: Zs. für angewandte Chemie 37, 1924, 89-92; (mit R. Hermann) Bestimmung von Formaldehyd in Gegenwart von Aceton u. Acetaldehyd, sowie von Formaldehyd u. Aceton nebeneinander, in: Zs. für analytische Chemie 63, 1923, 416-438; (mit W. Lepper) Über die Bestimmung des Thalliums in Mäusegiftpräparaten, in: ebd., 68, 1926, 36-45; (mit F. Sidlinger) Die Bestimmung des Nicotins nach Ulex, in: ebd. 67, 1926/1927, 369-386, 68, 1926, 174f.; Das neue Futtermittelgesetz, in: Badisches Landwirtschaftliches Wochenblatt 95, 1927, 669f., 685f.; (mit W. Lepper) Apparat zum Vortrocknen von Analysenmaterial mit heißer Luft, in: Chemiker-Ztg 51, 1927, 222; Bewertung von Einstreumitteln, in: Die landwirtschaftlichen Versuchsstationen 107, 1928, 247-257; (mit  R. Hermann) Untersuchungen von Einstreumitteln mit besondere Berücksichtigung von Waldstreuarten, in: ebd. 109, 1929, 267-316; (mit R. Herrmann) Nährstoff- u. Aschenanalysen von wirtschaftseigenen Futtermitteln, in: ebd. 119, 1934, 1-173; Julius Neßler, in: Badische Biographien, Teil VI, 1935, 551-554; Der Stalldung: Sein Wesen u. Wirken, 1937.

 

 

 

L Poggendorffs Biographisch-literarisches Handwörterbuch VI, Teil 3 (1938), 1605f..; VIIa, Teil 3 (1959), 170; B. Wöbke, M., NDB 15, 1987, 609f.; R. Hermann, Professor Dr. F. M.+, in: Wochenblatt d. Landwirtschaft Baden 108, 1940, 943; Dasselbe anonym in: D. Forschungsdienst: Organ d. dt. Landwirtschaftswissenschaft 10, 1940, 618f.; Festschrift anläßlich des 100jährigen Bestehens d. Staatlichen  Landwirtschaftlichen Versuchs- u. Forschungsanstalt Augustenberg, 1959, S. 7-9, 24-26.

 

 

B Festscvhrift...1959 (s. L)., nach d. S. 16.