Schmidt, Adolf Franz, Geologe, Metallurg

* 27.02.1836 Karlsruhe, kath., +30.01.1917 Heidelberg

 

V Franz Peter S. (1804-1870), Sekretär des Großherzoglichen Ministerium des Innern, später Hofgerichtsrat in Mannheim; M Barbara Carolina, geb. Walther (1813-1857); 3:Heinrich Karl (1838-?), Bertha (1843-1844), Bertha (1848-?).

Unverheiratet.

 

1846-1854                Besuch u. Abschluss des Lyzeums in Mannheim

1855-1860                Studium d. Chemie, Physik, Geologie u. Mineralogie an d. TH Karlsruhe (1855-1858), d. Metallurgie u. Bergwerkswissenschaft an d. Bergakademie Freiberg (1858-1859) u. Naturwissenschaften an d. Univ. Heidelberg (SS 1860)

1860 VIII 4                 Promotion insigni cum laude zum Dr. phil. an d. Univ. Heidelberg

1862                           Bergbau-Assistent bei d. Hüttenverwaltung in Kandern, Baden

1863-1866                Vorstand d. Hüttenverwaltung in Zizenhausen, Baden

1867-1871                Hütten-Ingenieur am Bessemer Stahlwerk zu Troy, Staat New York, USA

1872-1875                Geologe am "Geological Survey of Missouri"

1876 III                       Habilitation an d. Univ. Heidelberg; Habil.-Schrift: "Die Blei- u. Zink-Erz-Lagerstätten von Südwest-Missouri"; Probevorlesung: "Die Gänge nach ihrer Verschiedenheit u. ihren  gegenseitigen Einflüssen zu betrachten u. die Ansichten über deren Entstehung zu entwickeln"

1881 I                         a. o. Prof. für Geologie u. Metallurgie

1913 XII                     o. Honorar-Professor

 

S. wurde als erstes Kind des badischen Beamten Franz S. in Karlsruhe geboren. 1838 zog die Familie nach Mannheim um, wo S. seine Schulzeit verbrachte. Er genoss eine gute und vielseitige Ausbildung. Anstatt in einer Volksschule lernte er in den Privatschulen von Dr. Ludwig Vaillant (1842-1844) und Dr. Heinrich Lovell (1845). Ab Januar 1846 besuchte er das bekannte Mannheimer Lyzeum, allerdings mit einer Unterbrechung von drei Semestern (1850-1851), um in einem französischen Gymnasium in Epinal (Vogesen) zu lernen. Offensichtlich zeigte sich S. bereits als Junge mehr für eine naturwissenschaftliche als für eine humanistische Bildung geeignet. Sein Fleiß und seine Leistungen (außer der Naturgeschichte) waren mittelmäßig, in Latein wurde er gelegentlich als "faul" bezeichnet und in der Religion sollte er eine Nachprüfung ablegen. Im Herbst 1854 bestand S. seine Matura-Prüfungen. Anschließend studierte er drei Jahre Mathematik, Physik und Chemie, ebenso Geologie, Mineralogie und Maschinenbau an der TH Karlsruhe und noch zwei weitere Jahre Metallurgie und Bergwerkswissenschaft an der Bergakademie in Freiberg. Ende 1859 bestand S. in Mannheim "Berg- und Hüttenmännisches Staatsexamen" (staatliches Examen für den Kandidaten-Grad in Metallurgie und Bergwerkswissenschaft). Zuletzt immatrikulierte sich S. an der Universität Heidelberg. Seine Studienzeit krönte S., indem er in Heidelberg zum Dr. phil. "insigni cum laude"  mit dem Hauptfach Mineralogie und den Nebenfächern Chemie und Physik promovierte. Eine Dissertation verlangte man damals in Heidelberg nicht.

Nach der Promotion arbeitete S. eine Zeit lang in Böhmen (Einzelheiten sind nicht bekannt), um dann nach Baden zurückzukehren und in den badischen Staatsdienst einzutreten, zunächst als Bergbauassistent der großherzoglichen Hüttenverwaltung in Kandern. 1863-1866 wirkte S. als Vorstand der großherzoglichen Hüttenverwaltung des Eisenwerks in Zizenhausen. Wegen der ungünstigen Kohlenversorgung (was S. viel Sorgen bereitete) und der mangelnden Wettbewerbsfähigkeit wurde das Werk schon lange vor S.s Antritt zum Untergang verurteilt. 1866 wurde der Hüttenwerksbetrieb eingestellt und die ganze Anlage meistbietend versteigert. Unter diesen Umständen entschied S. sich für ein ganz anderes Gebiet: Er ging nach den USA und arbeitete vier Jahre lang in der Stahlproduktion bei der Firma Bessemer. Dann wandte er sich der Geologie zu und erarbeitete geologische Beschreibungen von Erzlagerstätten in Missouri.

Erst als Vierzigjähriger trat S. seine akademische Laufbahn an: Er kehrte nach Baden zurück, um sich in Heidelberg zu habilitieren. Seinem Gesuch wurden außer der gediegenen Habilitationsschrift über einige amerikanische Erzlagerstätten auch sieben publizierte Aufsätze über metallurgische Themen beigelegt, u.a. über Anfertigung von Tragringen für Bessemer-Konverter. Der Professor für Mineralogie und Geologie, Reinhardt Blum (1802-1882), empfahl der Fakultät die Annahme "dieser fleißigen Arbeit" als Habilitationsschrift und die Chemieprofessoren Robert Bunsen (1811-1899) und Hermann Kopp (1817-1892), hatten, aufgrund der metallurgischen Artikel S.s, "kein Bedenken", dass seine Habilitation "auch auf Metallurgie auszudehnen" sei. Damit fand S. die Unterstützung der Fakultät für seine Lehrtätigkeit in Geologie und Metallurgie. Das bezeugen auch die Thesen S.s zur Habilitation: Sie sind teilweise der Geologie und der Mineralogie, teilweise der Metallurgie gewidmet und spiegeln das künftige weite Spektrum des Verfassers wider.

Als Privatdozent und ab 1881 als  ao. Professor las S. hauptsächlich über "Genetische Geologie", "Angewandte Geologie" und "Die Lehre von Lagerstätten der nutzbaren Mineralien", wie auch über "Metallurgie des Eisens und Stahls". Die hohe pädagogische Begabung S.s spiegelt sich im Text einer öffentlichen Vorlesung über "Eisen und Stahl", die er noch in den USA, an der Universität St. Louis im Januar 1873 gehalten hatte: Beim Lesen erhält man den Eindruck wie etwa beim Lesen der berühmten "Chemischen Briefe" Justus Liebigs.

1885 erhielt S. den Lehrauftrag für die "Chemische Technologie", eine Vorlesung, die er übrigens schon ab WS 1878/79 gehalten hatte und jetzt jährlich bis WS 1901/02 wiederholte. Gelegentlich las er auch über Erzlagerstätten, was zweifellos sein eigentliches Interessengebiet war.

1889-1890 beschäftigte man sich intensiv in Heidelberg und Karlsruhe mit der Frage "Was hat zu geschehen, um das Heidelberger Schloß vor weiterem Verfall zu schützen und vornehmlich in seinen künstlerisch wertvollen Theilen möglichst lange zu erhalten?" S. beteiligte sich als Gutachter bezüglich der geologischen Gegebenheiten der Schlossgebäude und war der Meinung, dass das Schloss in seinem Bestand gesichert werden könne, wenn genügend Sorge für die Ableitung der Wässer getragen würde. Das Gutachten wurde jedoch nie veröffentlicht, S. publizierte nur einen Auszug von rein geologischem Inhalt als Broschüre.

Nun arbeitete S. hauptsächlich literarisch. Insbesondere bereitete er mehrere Artikel über geologische Fragen für das "Lexikon der gesamten Technik" vor. 1893 wurde die "Zeitschrift für praktische Geologie mit besonderer Berücksichtigung der Lagerstättenkunde" gegründet. S. wirkte von Anfang an als ständiger Mitarbeiter des Herausgebers: Er verfasste für die Zeitschrift zahlreiche ausführliche Referate nach Aufsätzen in englischer Sprache.

Mit Erreichen des Ruhestandsalters wurde S. ab SS 1902 von seinem Lehrauftrag entbunden. Dennoch kündigte er eine Vorlesung über „Erzlagerstättenlehre“ und später (SS 1909-SS 1914) über „Technische Geologie“ an, obwohl er nur noch wenig oder gar keine Zuhörer mehr  hatte. Zusätzlich arbeitete er weiter als Referent der „Zeitschrift für praktische Geologie“.

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 1907 schenkte S. seine wertvolle Sammlung von Gesteinen und Mineralien dem Geologischen Institut der Universität (wofür ihm auch das Ministerium dankte). Dies bedeutete gleichzeitig das Ende seiner literarischen Tätigkeit. S. blieb Mitglied der Universität, die ihm von Zeit zu Zeit Aufmerksamkeiten erwies, wie Glückwünsche zum 70. Geburtstag und zum 50. Jahr seiner Promotion. Ende 1913, auf Gesuch der Fakultät, wurde S. der Titel "o. Honorarprofessor" verliehen. Zu seinem 80. Geburtstag erhielt S. das Ritterkreuz I. Klasse des Ordens vom Zähringer Löwen.

Seine besten Jahre widmete S. eher der praktischen als der wissenschaftlichen Tätigkeit. Die akademische Laufbahn trat er erst als 40jähriger an. So wurde sein wissenschaftliches Erbe nicht groß. Es schließt jedoch gediegene geologische Arbeiten ein. Sein Hauptwerk, die dreibändige umfassende Beschreibung der Geologie des Münsterthals im badischen Schwarzwald behielt lange ihre Bedeutung dank der gründlich gesammelten und dargestellten tatsächlichen Materialien.

 

Q  StadtA Mannheim: Familienbögen (Franz Schmidt); Bestand Karl-Friedrich-Gymnasium, Zug. 4/1977, Nr. 65 (Censur-Listen 1845-1854); UA Heidelberg: H-IV-102/57, Nr. 44 (Akten d. Philos. Fak., Promotion S.); H-IV-102/82, Nr. 35 (Akten d. Philos. Fak., Habilitation S.); PA 2219 (Personalakte S.); Rep. 27, Nr. 1225 (Akademische Quästur S.).

 

W  Über Bessemer-Tyres, in: Österreichische Zs. für Berg- u. Hüttenwesen 16, 1868, 161-164; Der Ellershausen-Process, in: ebd. 17, 1869, 91-93; Iron and Steel. A lecture. Sonderdruck aus "Mines, Metals and Arts", April 1, 1875 (UB Heidelberg, Z 3029, 17); Die Blei- u. Zink-Erz-Lagerstätten von Südwest-Missouri, 1876; Die Zinkerz-Lagerstätten von Wiesloch (Baden), in: Verhandlungen des Naturhistorisch-medizinischen Vereins zu Heidelberg, NF, 2, 1880, 369-490; Über die Verwendung von Wasserdampf in Gas-Generatoren, in: ebd., 3, 1886, 232-237; Geologie des Münsterthals im badischen Schwarzwald, I, II, III, in: ebd. 3, 1886, 467-619; 4, Heft 1, 1887, 56-227, Heft 3, 1889, 303-414; Auszug aus d. geologischen Beschreibung des Heidelberger Schloßgebäudes, 1890; Erzlagerstätten, in: Otto Luegers Lexikon d. gesamten Technik 3, 1895, 796-798; Geothermik, in: ebd., 4, 1896, 574f.; Verwerfung, in: ebd., 7, 1899, 806f..

 

Poggendorffs Biogr.-liter. Handwörterbuch III (1898), 1200; IV (1904), 1335; VI, Teil 4 (1940), 2336; D. Drüll: Heidelberger Gelehrtenlexikon 1803-1932, 1986, 237.

 

 UB Heidelberg, graphische Sammlung: Is 10 (22b), Is 11; UA Heidelberg: Pos. I 02745.