Plank Rudolf Alois Valerian, Kältetechniker,
*6.03 (nach in dem damaligen Russland üblichen Julianischen Kalender -
22.02.) 1886, Kiew, ev., +16.06.1973, Ettlingen
V Cäsar P., Bankier (Direktor der Internationalen Handelsbank in Kiew) (1860-1917);
M Josephine, geb. Bormann; G Egon P. (1884-ca. 1917);
∞ 1913 (Berlin) Charlotte Hupfert (1896-1976);
K Karin Maria Veronika , verh. Funk (*1921)
1895-1903 Klassisches Gymnasium in Kiew
1903-1905 Studien in Kiew und St. Petersburg
1905-1909 Studium des Maschinenbaues an d. TH Dresden
1909 V-1911 III Assistent beim Lehrstuhl f. Mechanik, TH Danzig
1909 XI 22 Promotion, "mit Auszeichnung", zum Dr.-Ing. an der
TH Dresden; Diss.:"Thermodynamische
Untersuchung desVorganges in d. Absorptions-
Kältemaschine auf Grund d. Theorie d. binären
Gemische"
1911 III 13 Habilitation an der TH Danzig; H.schrift über die
dynamische Zugbeanspruchung; Probevortrag:
"Probleme d.Tiefkühlung"
1911 IV -1913 IX Ingenieur d. Kältemaschinen-Abteilung d. Firma
Borsig, Berlin
1913 X-1925 IX o. Professor der Wärmelehre an d. TH Danzig
1915 IV-1916 IX Arbeit f. "Reichseinkauf" (später: Zentral-
Einkaufsgesellschaft), Berlin, Kaltlagerung
von Lebensmitteln
1916 VI-1926 IX Obmann der I. Abt. (f. wissenschaftliche Arbeit)
des Deutschen Kälte-Vereins
1916 X-1919 VI Arbeit f. Schütte-Lanz AG, Zeesen bei Berlin,
Flugzeugbau
1925 X - 1954 III o. Professor d. Maschinenlehre an d. TH
Karlsruhe; Antrittsvorlesung: "Begriff der Entropie"
1926 Gründung des Kältetechnisches Institut ebd.
1930/1931 Rektor
1936 V Gründung des Reichsinstituts für
.Lebensmittelfrischhaltung
1945/1946 Rektor
1947 VI Neuründung des Deutschen Kältetechnischen
Vereins (Formelle Eintragung 13. Febr. 1948;
Vorsitzender bis Oktober 1959)
1949 IV Gründung d. Zeitschrift "Kältetechnik" (Herausgeber
bis Juni 1969)
1955/56 Gastprofessor an d. Columbia Univ. New York, USA.
P. wurde in einer österreichischen Familie als Sohn des Direktors der Internationalen Bank in Kiew geboren. Deutsch und Russisch wurden zu seinen Muttersprachen; als Kind erlernte P. auch Französisch. Hier liegt der Ursprung seiner internationalen Orientierung.
P. beendete ein klassisches Gymnasium in Kiew, studierte anschließend ein Jahr Mathematik und Physik an der Univ. Kiew und setzte dann sein Studium am Polytechnischen Institut in St. Petersburg fort. Die wiederholten Schließungen der Hochschulen wegen der Revolutionsbewegung in Russland in 1904-1905 veranlassten P. an die TH Dresden zum Studium des Maschinenbaus zu wechseln. (In Dresden war er schon mehrmals mit seinen Eltern gewesen). Sein Lehrer war der bedeutende Thermodynamiker R. Mollier, der P.'s weitere Tätigkeit beeinflusste. Schon vor der Promotion bekam P. seine erste Stelle als Assistent an der 1904 gegründeten TH Danzig bei dem bekannten Ingenieurwissenschaftler H. Lorenz. In der regen Atmosphäre der jungen Hochschule arbeitete P. "wie im Rausch" und konnte seine Dissertation (nach Molliers Thema über Theorie der Absorptions-Kältemaschinen) bereits in 6 Monate fertigstellen.
1911 habilitierte sich P. für die Lehrgebiete Wärmelehre und Elastizitätslehre, fungierte aber nie als Privat-Dozent: Er hielt für wichtig, Erfahrungen in der Industrie zu erwerben und trat in die Kältemaschinen-Abteilung der Firma Borsig ein. Als Versuchs- und Abnahme-Ingenieur führte P. zahlreiche Dienstreisen durch, u.a. nach Russland. Inzwischen erfand und patentierte er ein Arbeitsverfahren zur Erhöhung der Leistung von Kompressionskältemaschinen. Gleichzeitig engagierte sich P. im 1909 gegründeten Deutschen Kälte-Verein. Im Herbst 1913 kehrte P. an die TH Danzig als o. Professors der Thermodynamik zurück.
Mit dem Ausbruch des Krieges sollte er aber in Berlin für kriegswichtige Aufgaben arbeiten. P. begann sich mit der Lebensmittelkältefrischhaltung zu beschäftigen - ein Gebiet, auf dem er noch maßgebend wirken sollte.
Nach Danzig kehrte P. im Herbst 1919 zurück. Dort bearbeitete er besonders die Thermodynamik als wissenschaftliche Basis der Kältetechnik. U.a. entwickelte er Tabellen und Diagramme für mehrere Kältemittel und fand nützliche Vergleichsmethoden für Kälteprozesse. Auf die Danziger Periode fällt auch eine andere wichtige Leistung P.'s: Unter seinem Vorsitz arbeitete eine Kommission seit 1920 an der Ausarbeitung von "Regeln für Leistungsversuche an Kältemaschinen und Kühlanlagen". Diese "Regeln" sind im wesentlichen sein Werk. Die 1. Auflage erschien 1922 und fand internationale Anerkennung. Die 5. Auflage (1958) diente als Richtlinie bei der Aufstellung internationaler Regeln.
Im Sommer 1925 wurde P. an die TH Karlsruhe als Nachfolger W. Nusselts berufen. Er nahm diesen Ruf an - mit der Bedingung, dass hier ein spezielles kältetechnisches Institut gegründet würde. (Seine Bemühungen, in Danzig solch ein Institut zu schaffen, erschienen hoffnungslos). Dank P.'s guter Beziehungen mit der Kälteindustrie wurde das Institut schon Ende 1926 in vorhandenen Räumen fertiggestellt; 1930 bekam es einen Neubau. Das war die erste Lehr- und Forschungsanstalt, die sich mit allen Fragen der Kälteerzeugung und -anwendung befassen sollte. P. las über technische Thermodynamik und über Kältetechnik und gab zusätzliche Sonderkurse. Gleichzeitig nahm P. aktiv Anteil an der Entwicklung der Hochschule, besonders an der Einführung des "Chemie-Ingenieur-Wissens" (später Verfahrenstechnik genannt). 1929/30 wurde P. Dekan der Abteilung für Maschinenwesen und 1930/31 - Rektor der Hochschule. Dabei bemühte sich er, sehr geschickt und diplomatisch, nach seinem Wort "der wissenschaftlichen Forschung einen freien Weg durch das Chaos unserer wirtschaftlichen Bedrängnis zu bahnen".
P. war von Grund auf gegen den Nationalsozialismus eingestellt; ab 1933 hatte er sich deswegen von jeder aktiven Tätigkeit innerhalb der Hochschulverwaltung vollständig zurückgezogen und ausschließlich im Rahmen seines Lehrstuhles wissenschaftlich gearbeitet. Er organisierte den Bau eines kleinen Instituts für die Probleme der Frischhaltung von Lebensmitteln. Im Mai 1936 fand die Einweihung des "Kältetechnisches Instituts Abteilung II" statt. Später wurde es zur Bundesforschungsanstalt für Lebensmittelfrischhaltung..
Der Krieg ruinierte die Hochschule. P. nahm das schwere Amt des ersten Nachkriegsrektors auf sich. Er verstand es, Gehör bei der Besatzungsmacht zu finden und so gelang es ihm, schon im Februar 1946 das erste Nachkriegssemester beginnen zu lassen. Auch der Wiederaufbau der zerstörten Institute verlief erfolgreich, ab 1947 wurden Forschungsarbeiten wiederaufgenommen. Gleichzeitig, durch Neugründung des Deutschen Kältetechnischen Vereins, schaffte P. die Verbindung seiner Institute mit der Fachwelt.
In seiner Forschungs-, Lehr- und Organisationstätigkeit verfolgte P. immer die Bearbeitung der "Grenzgebiete", was er in seiner Rektoratsrede (1930) und danach in mehreren Artikeln, insbesondere am Beispiel der Lebensmitteltechnik, betonte. Im Werk P.'s trafen sich Thermodynamik, Verfahrenstechnik, Probleme des Kälteerzeugnisses und der verschiedenen Kälteanwendungen (Gefrierkonservierung, Eiserzeugung, Kühlung in Bergwerken u.a.).
Die andere Seite derselben Einstellung war P.'s ständiges Streben zur internationalen Zusammenarbeit. Das Karlsruher Kälteinstitut fand schon Anfang der dreißigen Jahre engen Kontakt zu gleichartigen Institutionen in der ganzen Welt. Nach dem Kriegsende gelang es P., die unterbrochenen internationalen Beziehungen des Instituts und des Deutschen Kältetechnischen Vereins in wenigen Jahren wieder aufleben zu lassen.
Das ist kein Wunder, weil P. mehrere Sprachen beherrschte und außerordentlich viel im Ausland arbeitete. Schon 1912-1913 nahm er Kälteanlagen in Holland und Russland in Betrieb. 1923, während einer 8-monatigen Reise nach Ostasien, beschäftigte er sich mit der Entwicklung eines neuartigen Fisch-Gefrierverfahrens und hielt Vorlesungen an der deutsch-chinesischen technischen Hochschule in Schanghai. Im Sommer 1925 erfüllte P. eine ähnliche Aufgabe in Südamerika. Im Frühjahr 1929 und im Herbst 1932 las er Thermodynamik und Kältetechnik in der UdSSR. 1926, 1931 und 1937 machte er Studienreisen nach Nordamerika, 1936 und 1938 - nach Südafrika auf Einladung der südafrikanischen Regierung. 1947/48 und 1955/56 war P. Gastprofessor in den USA. Außerdem nahm P. an zahlreichen Fachversammlungen in der ganzen Welt teil.
Nach der Emeritierung blieb P. noch 15 Jahre als Herausgeber der Zeitschrift "Kältetechnik" und des 12-bändigen "Handbuches der Kältetechnik" tätig. Für fast alle Hefte seiner Zeitschrift schrieb P. kleine Artikel "Vom Herausgeber". Er widmete sie nicht nur Fachproblemen und -neuigkeiten, sondern auch allgemeinen Fragen wie z. B. "Internationale Zusammenarbeit" oder "Die Sprache der Naturwissenschaft und Technik". Gelegentlich konnte er dort sogar Scherzdichtungen zum passenden Fall publizieren. (Das hohe wissenschaftliche Niveau der Zeitschrift blieb dabei außer Zweifel).
Das literarische Erbe P.'s schließt mehr als 210 Aufsätze und etwa ebensoviel kurze Notizen und Rezensionen von großer Vielseitigkeit ein. Sie ist sehr vielseitig. Dazu gehören so unterschiedliche Themen wie Mechanik, Thermodynamik, Kältetechnik, Geschichte der Naturwissenschaft und Technik, Probleme der Organisation der Wissenschaft und des Hochschulwesens, Philosophie der Wissenschaft, aber auch Literatur Russlands. Kunst und Literatur spielten immer eine große Rolle in seinem Leben, sein Ideal war die "lebendige Harmonie von Natur und Geist", wie er sich über A. v. Humboldt äußerte. P.'s Tätigkeit fand weltweite Anerkennung und wurde mit zahlreichen Ehrungen ausgezeichnet. So hatte er vier Ehrendoktorate. "Weltbürger", großer Mensch von hohen ethischen Standards, weitblickender Forscher und Organisator, bleibt P. nicht nur als einer der Begründer moderner Kältetechnik, sondern auch als Kulturträger im Gedächtnis.
Q UA Dresden (Auskunft); GLA Karlsruhe (76/2990); UA Karlsruhe (Biographische Sammlung; O/2a-7; 8/70; Nachlass Plank; Auskünfte); UB Karlsruhe (IV E 1332); A Heidelberger Akad. Wiss. (1,11-Plank)
W Thermodynamik elastischer und bleibender Formänderungen, Zs. VDI, 54, 1910, 1854-1859; (mit E. Kallert) Über die Behandlung u. Verarbeitung von gefrorenem Schweinefleisch, 1915 (Abh. z. Volksernährung, H.1); Die thermodynamischen Kreisprozesse zur Beurteilung von Kraftmaschinen, Zs. VDI, 64,1920, 221-227; Das Kältetechnisches Institut d. Karlsruher Technischen Hochschule, Zs. f. die gesamte Kälte-Industrie, 33, 1926, 164-169, 181-193; Haushaltkältemaschinen, 1928; Die Technische Hochschule als geistige Einheit [Rektoratsrede], 1930; Stellung d. Technik im Rahmen moderner Kultur, Zs. VDI, 75, 1931, 641-648; Hans Lorenz zum 70. Geburtstag, Zs. f. die gesamte Kälte-Industrie, 42,1935, 42-46; Die Ausbildung von Kälte-Ingenieuren, ebd., 43, 1936, 97-105; D. ideale Vergleichungsprozess von Kältemaschinen, ebd., 1937, 44, 147-151; Über die Wahl eines Bewertungsschemes f. die Qualitätsprüfung von Gefriererzeugnissen, Vorratspflege u. Lebensmittelforschung, 6, 1943, 4-27; Ein Ende - oder ein Anfang? [Rektoratsrede], 1946; Russische Dichtung. Ein Querschnitt u. Übertragungen, 1946; Als Gastprofessor in USA, Göttinger Universitäts-Zeitung, 3. Jg., 16.01.1948, Nr. 3, 12-13; Der naturwissenschaftliche Humanismus als philosophische Grundladung des Ingenieurs, Zs. VDI, 93, 1951, 145-152; Handbuch d. Kältetechnik, 12 Bde., 1953-1969 (Herausgeber und Verfasser mehrerer Beiträge); Zur Geschichte des Deutschen Kältetechnischen Vereins, Kältetechnik, 12, 1960, 2-8; Abschied. Übertragungen aus alter und neuer russischer Dichtung, 1966; Aus dem Leben von Eugen Willbuschewich, dem Erfinder des Rapid-Ice-Verfahrens, Kältetechnik 23, 1971, 282-283; Aus meinem Leben, Manuskript, 1964-1971 (UA Karlsruhe).
L Poggendorffs Biogr.-lit. Handwörterbuch, Bd. V (1926), S. 983, Bd. VI (1938), S. 2028, Bd. VIIa, Teil 3 (1959), S.588-590, Bd. VIII, Teil 3 (2004), S. 2018; (mit Bibliographie); NDB , Bd. 20 (2001), S. 501f.; Kältetechnik 8, 1956, 69-72 (mit Bild und Bibliographie); ebd. 13, 1961, 73-78; R. Thévènot, Bull. de l'Institut Intern. du froid, 46, 1966, 382-413 (mit Schriftenverzeichnis); Fr. Seewald, R. P.+, Jb. Akad. d. Wiss. u. d. Literatur (Mainz) f. 1973, S. 96-99; Fran Bosnjakovic, R. P. (1886-1973), Jb. der Heidelberger Akademie d. Wiss. für 1874, 83-86.
B UA Karlsruhe; Zs. f. die gesamte Kälte-Industrie, 35, 1928, 93; ebd., 43, 1936, 47; ebd. 47, 1940, 191; Die Technische Hochschule Fridericiana Karlsruhe. Festschrift, 1950, S. 110; Zs. VDI, 93, 1951, 145; Nachr. aus Chemie u. Technik, 4, 1956, 50; Fridericiana, Zs. f. die Freunde d. TH Karlsruhe, 4, 1956, 15; Kältetechnik 9, 1957, 56, 13, 1961, Heft 3; Dokumentation, 150 Jahre Univ. Karlsruhe, 1976, S. 39.