Eine etwas verkürzte Version wurde in den "Badischen Biographien, Neue Folge", Bd. V (2005), S. 37-39 publiziert.
V Hans Bunte (1848-1925), Chemiker
M Wilhelmine (Minna), geb. Stölzel (1855-1937)
G Elisabeth (1883-?); Luise Weiss, verw. Schmidt (1890-?)
oo 5.06.1906 in Karlsruhe Anna Julia Auguste Braun (1884-1955)
K Elisabeth, verh. Litterscheidt (1909-?); Irene (Reni) Mühlmann, verw. Schledt (geb. 1917)
1887-1897 Gymnasium in Karlsruhe
1897-1898 Einjähriger freiwilliger Militärdienst beim
Feld-Artillerie Regt. in Karlsruhe
1898-1899 Studium an d. Univ. Leipzig
1899-1902 Studium an der TH Karlsruhe
1902 I - 1905 I Studium Chemie an der Univ. Berlin
1905 VIII 12 Promotion magna cum laude zum Dr. phil. ebd.
Diss.: " I. Zur Geschichte der Konstitution der
Harnsäure II. Synthese aromatischsubstituierter
Harnsäure und Harnsäurederivate".
1904 VII Eintritt bei der Deutschen Kontinental-
Gesellschaft, Dessau
1908 I Eintritt bei der Lehr- und Versuchsanstalt des
Deutschen Vereins von Gas- und
Wasserfachmännern (DVGW), Karlsruhe
1909 V Leiter der genannten Anstalt
1909 VI Generalsekretär des DVGW und Mitherausgeber
des Journals des DVGW
1914 VIII -1916 XII Militärdienst an der Ostfront
1917 I- 1918 III Führer eines Schallmesstrups, danach Lehrer an
der Messschule Wahn
1917 XI 30 Habilitation an der TH Karlsruhe mit der Schrift
"Feuertechnische Leistungs- und Abnahme-
Versuche von Gaserzeugungsöfen"
1919 V 6 Antrittsvorlesung: "Die restlose Vergasung der
Brennstoffe"
28.7.1920 etatmäßiger a.o. Professor für Gastechnik und
Brennstoffverwertung; Antrittsvorlesung (1921 V
4): "Vermehrung des inneren Wertes der Kohle"
1933 XI 16 persönlicher o. Professor ebd.
1939 II 25 Grundsteinlegung des neuen Gasinstituts in
Karlsruhe
K.B. wurde als Sohn eines später berühmten Experten des Gasfachs und Professors der Chemischen Technik geboren. Das prägte sein berufliches Leben. Es war fast selbstverständlich, dass K.B. auch Chemiker werden sollte. Zwei Semester studierte er Chemie in Leipzig bei Wislicenus. Danach kehrte er nach Karlsruhe für sechs Semester zur chemisch-technische Ausbildung u.a. bei C. Engler und seinem Vater zurück. Seine Diplomarbeit über die Enteisenung des Wassers wurde seine erste wissenschaftliche Publikation. Schließlich kam K.B. nach Berlin, wo er vier Semester studierte und unter E. Fischer mit der Doktorarbeit über Harnsäurederivate promovierte.
Bereits vor seiner Promotion begann K.B. seine berufliche Tätigkeit bei einer grossen Gasgesellschaft. Zuerst beteiligte er sich bei dem Neubau eines Gaswerks für Ruhrort und bekam Einblick in die Arbeitsweise der Kokereien und den Betrieb der Gasfernversorgung mit Kokereigas. Im Sommer 1906 ist K.B. schon selbständiger Bauleiter für ein neues Gaswerk in Frankfurt/O. Wie er später sagte, war es das "Gesellenstück für meine Tätigkeit in der Praxis". Danach führte K.B. die Inspektionen der Gaswerke durch, gab sich aber damit nicht zufrieden und folgte dem Wunsch seines Vaters, der Juni 1907 gegründeten Lehr- und Versuchsgasanstalt des Deutschen Vereins von Gas- und Wasserfachmännern (DVGW) bei der TH Karlsruhe beizutreten. Zunächst ohne formales Amt nahm er das Werk seines Vaters auf, und es wurde sein Lebenswerk. Bald übernahm K.B. die Leitung der Anstalt, die Stelle des Generalsekretärs des DVGW und die Schriftleitung des "Journals für Gasbeleuchtung" des DVGW (am Anfang unter Hans Bunte und später, 1920-1925 selbständig). Die Hauptrichtung seiner damaligen Tätigkeit bildeten Kontakte mit Gaswerken, Untersuchung und Beratung bei deren Betrieb.
Diese Arbeit wurde durch den Krieg unterbrochen, den K.B. an der Ostfront als Leutnant mitmachte, wobei er mit zwei Orden ausgezeichnet wurde. Im Februar 1915 wurde er in der Masurenschlacht verwundet. Die letzten Monate der Kriegszeit konnte K.B. für eine Zusammenfassung seiner früheren Arbeiten nutzen und stellte diese als Habilitationsschrift an der TH Karlsruhe vor. "Vom Gesichtspunkt der chemischen Technologie bedeutet sie prinzipiell eine wertvolle Bereicherung in der vergleichenden Beurteilung und Kontrollierung neuer technischer Anlagen überhaupt", schrieb C. Engler über diese Schrift. K.B. benutzte eine Systembetrachtungsweise: Schwerpunkt bildet nicht die Prüfung der einzelnen Apparate, sondern die Funktion der Gesamtanlage, der Gesamtaufwand des Ganzen.
Nach der Habilitation kehrte K.B. zurück zu seiner Arbeit in DVGW und in die Lehr- und Versuchsgasanstalt. Die Anstalt wurde gemäß Vereinbarung zwischen DVGW und Kultusministerium zum Gasinstitut an der TH Karlsruhe umgewandelt. Gleichzeitig wurde eine planmäßige a.o. Professur fürs Gasfach an der TH eingerichtet, die K.B. innehatte. Er bearbeitete eine ungeheure Menge verschiedener technischer, organisatorischer und wissenschaftlicher Fragen des Wiederaufbaus der deutschen Gasindustrie und -wissenschaft. B.'s Arbeiten aus der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre, als er die Schriftleitung des Journals abgab, gehören zu seinen besten Leistungen; besonders interessant sind Forschungen aus dem Gebiet der angewandten physikalischen Chemie. Eine der wichtigsten ist die mit seinem zukünftigen Schwiegersohn W. Litterscheid vollendete Forschungsarbeit "Die Entzündungsgeschwindigkeit von Gasgemischen". Dazu gehört auch die bedeutende Neubearbeitung des Lehrbuchs über Gas- und Brennstofftechnik "Zum Gaskursus".
B.'s technisch-wissenschaftliche Tätigkeit fand Anerkennung insbesondere darin, dass er als Vertreter des deutschen Gasfaches an mehreren internationalen Kongressen und Ausstellungen teilnahm, aber auch darin, dass er als Mitglied zahlreicher wichtiger Ausschüsse (Ausschuss für Einheiten und Formelgrößen; Deutscher Verband für Materialprüfung der Technik; Deutscher Industrie-Normenausschuss) und anderer Organisationen fungierte.
Im September 1932, aus Anlass des 25-jährigen Jubiläums des Gasinstituts wurde K.B. von ehemaligen Schülern seines Vaters "als Forscher und Lehrer auf allen Gebieten der Brennstofftechnik mit unermüdlicher Arbeitskraft" geehrt. B. konnte hoffen, dass nach der Vollendung des Aufbaus die Zeit der Ernte und ruhigerer und stetigerer Entwicklung komme. Die Wirklichkeit aber zeigte sich anders: Die Jahre des Dritten Reichs waren für K.B. und für sein Institut ungünstig und düster. Schon 1933 musste K.B. viele nichtarische Mitarbeiter entlassen und fand erst Ende 1935 neue. finden. Ausserdem sollte infolge des NS-Prinzips der Zentralisation die Leitung des gesamten Gasfaches, einschliesslich der Wissenschaft, nach Berlin verlegt und dort ein neues Gasinstitut errichtet werden. Um die Position des Instituts zu verbessern trat K.B. der NSDAP bei. Dank der starken Unterstützung der TH und DVGW wurde aber schliesslich entschieden, das bestehende Gasinstitut in Karlsruhe zu erweitern.
Die negativen Erlebnisse und eine allgemeine Überlastung bewirkten im Frühjahr 1937 einen schweren Herzinfarkt. Nach einem halben Jahr konnte B. wieder arbeiten. Die Zeit aber war gegen ihn: der Krieg begann, der Bau des neuen Institutsgebäudes wurde gestoppt. B.'s Gesundheit ging abwärts, er sah sich gezwungen, seine Arbeit nach und nach an Mitarbeiter abzugeben. Die Ausbombung des Gasinstituts (April 1944) und B.'s Wohnung (September 1944) beschleunigten seinen Tod. Eine bescheidene Feuerbestattung fand in Karlsruhe statt.
Ohne Zweifel genoß K.B. von Anfang an die starke Unterstützung seines berühmten und einflußreichen Vaters, angefangen bei K.B.'s Aufstieg im DVGW bis zur Errichtung eines Lehrstuhls für ihn an der TH. Andererseits überschattete der große Name des Vaters K.B.'s eigene Tätigkeit, und es dauerte bis Anfang der dreißiger Jahre, dass B. jr. zum angesehenen Forscher und Lehrer wurde. Seine mehr als 120 Publikationen zeigen uns einen engagierten und intelligenten Vorarbeiter des Gasfachs.
Q UA Berlin (Matrikelbuch, Nr. 2952; Kontrollbuch; Phil. Fak. 404); UA Karlsruhe (Karl Bunte, Personalia); GLA Karlsruhe (235/1857; 466/6177).
W Über die Vorgänge bei der Enteisenung des Wassers (mit A. Schmidt), J. f. Gasbeleuchtung und Wasserversorgung, 1903, 46, 481-488, 503-510; Retortenöfen und deren Kontrolle, ebd., 1908, 51, 785-790; Zur Kenntnis der Gaskohlen, ebd., 1910, 53, 777-781; Beleuchtungsmessungen auf Straßen, ebd., 1911, 54, 713-716; Der Einfluss der Gasbeschaffenheit auf die Verwendung, ebd., 1913, 56, 173-177, 197-201; Die feuerungstechnische Entwicklung der Gaserzeugungsöfen, ebd., 671-676; Die Kohlenlage Deutschlands und Richtlinien für Gasbeschaffenheit, ebd., 1919, 62, 629-635; Die Wärmewirtschaft auf Gaswerken, ebd., 1920, 63, 477-484; Zum Gaskursus. Physikalische und chemische Grundlagen der Gasindustrie und Brennstofftechnik mit Anleitung für gastechnische Untersuchungen, München, 1929; Neue Methoden der Brennstoffuntersuchung, Gas- und Wasserfach, 1929, 72, 124-127; Die Entzündungsgeschwindigkeit von Gasgemischen (mit W. Litterscheid), ebd., 1930, 73, 837-842, 871-878, 890-896; Gas als Brennstoff, ebd., 1931, 74, 941-947, 1932, 75, 80; Verbrennungsvorgänge in Flammen, ebd., 1932, 75, 213-218; Neuere Erkenntnisse über den Verkokungsvorgang, ebd., 1933, 76, 685-693; Nachwuchsausbildung im Gas- und Wasserfach, ebd., 1939, 82, 199-204; Die brenntechnischen Eigenschaften der Gase, ebd., 1940, 83, 425-432; Grundlagen des Mahlens und Mischens der Kohlen, ebd., 1941, 84, 661-665.
L Poggendorfs biogr.-liter. Handwörterbuch, Bd. VI, T.1 (1936), 370; Bd. VIIa, 1.T. (1956), 316-317 (mit Bibliographie); Zum Gaskurs. Karl-Bunte-Gedächtnisausgabe des Gasinstituts, Karlsruhe 1946 (B); A. Thau, K.B.+, Gas- und Wasserfach, 1947, 88, 4;
Joh. Körting, Geschichte des Gasinstituts, Karlsruhe, 1957; Joh. Körting, Geschichte der deutschen Gasindustrie, Essen, 1963 (B).
B s. L; Gas- und Wasserfach, 1939, 82, 198; Baden, 1950, 2, Heft 4, S. 24